Mein "Campingplatz" - könnte jetzt noch zig Bilder des idyllischen und schönen Gartens hinzufügen, aber srsly? |
Wacken und ich – irgendwie eine recht lange, selten innige oder
zärtliche und zudem eine bislang sehr unglückliche Beziehung, welche geprägt
von Naivität und falschen Hoffnungen war. Chronologisch zurückgespult, fand ich
es ca. 2004/2005 als ich echt noch frisch und unbedarft anfing meine Wurzeln im
Metal zu schlagen – echt saumäßig cool, wenn irgendwo ein Bericht über Wacken
kam. Es war viel mehr Faszination denn inhaltliche Tiefe. Denn dass diese sehr
oft in einem beliebigen, der vielen Beiträge fehlte, wurde mir mit zunehmenden
Alter und zunehmenden Wissen meinerseits mehr denn je bewusst. Dennoch war das
„einmal Wacken im Leben muss sein“ noch irgendwo eingeprägt auch wenn mein
Verlangen danach stetig schrumpfte.
Mein Verhältnis zu Wacken schlug aber zwischenzeitlich in
deutliche Aversionen um, zu kommerziell, zu groß, zu anbiedernd, überteuert und
überbewertet und vor allem ein Magnet für die schrecklichsten Poser überhaupt.
Der Festivalbändchen-Scan, Beobachtungsgabe und oder auch persönliche Gespräche
machten viel zu oft auch schnell folgenden Stereotypen klar:
Ja cool, du warst
schon 5x auf Wacken, kannst dich zwar nicht daran erinnern weil du mehr
gesoffen denn Bands geschaut hast weil du auch primär nur deswegen hin wolltest,
aber kommst dir jetzt wie der Obermacker schlechthin vor, weil du diese
verfickten Stoffbändchen am Arm hast, welche ich nicht habe. Untergrundkonzerte,
CD’s, Insiderwissen – überbewertet, du warst immerhin auf Wacken, Volltrottel!
Zudem die forcierte Berichterstattung und Wahrnehmung in den
Medien welche sicherlich selbst zu verantworten ist, aber dazu hatte ich mich
ja schon mal ausgelassen – meiner Meinung nach sogar einer der besseren
[HATE]-talusicore Reihen.
Unser Stand, eigentlich so ziemlich der größte und am Besten sortierte... |
Folglich war eigentlich alles schon gescheitert, Geld (was
ist die Steigerungsform da schweineteuer? Reichtümer?) wollte ich dafür sicher
nicht zahlen und auch der Anfahrtsweg wäre nicht der kürzeste. Es ergab sich
nun die Chance, zusammen mit einem langjährig, bekannten Plattenhändler als
kostenlose Aushilfskraft dort umsonst hinzukommen. Der Deal wie folgt, ich zahl
Unterkunft und Versorgung komplett selbst – er fährt mich hoch und irgendwie
auch wieder runter; wobei ich noch von Mitte Deutschlands nach Süddeutschland
fahren durfte um dann nach Norddeutschland zu fahren um keine Zeit zu verlieren,
blaaa – und ich komm umsonst rein und kann mir je nach Besetzung am Stand auch
Bands anschauen. Im Endeffekt hatte ich zwar durch die ganzen Umwege etc. pp.
fast genau so hohe Ausgaben wie beim Erwerb einer Karte, aber immerhin fielen
die noch um ein vielfach teurere Unkosten im Bezug auf Auto mieten etc. pp. aus.
Somit ein gerade noch tragbarer Versuch das Ganze mal auszuprobieren um
mitreden zu können. Erwartungen hatte ich eigentlich keine, bzw. eigentlich nur
obig genannten und folglich nur richtig schlechte…
Am Dienstag fuhren wir also hoch und bezogen Quartier in
einer kleinen, gemütlichen Ferienwohnung in Schafstedt. Am Mittwoch wurde dann
der Stand soweit aufgebaut und dingfest gemacht und schon während dessen war
schon verdammt viel los. In der berühmten Wackener Hauptstraße, bekannt aus
Funk und Fern, standen schon aneinander gereiht Dutzende Fahrzeuge von
geschäftstüchtigen Kindern, jedes Auto wurde mit der Pommesgabel begrüßt und
nahezu jedes Haus war geschmückt oder baute bzw. hatte schon Essenstände oder
dergleichen aufgebaut. Das hatte durchaus seinen Charme, mal freundlich begrüßt
zu werden anstatt kritisch beäugt zu werden. Ebenso wirkte es nicht nur
idyllisch sondern toll wenn auch ungewohnt, wenn in diversen Vorgärten Bänke
aufgebaut waren und Metaller und Normalos in Eintracht nebeneinander saßen.
Ein besseres Bild von Haggard war nicht drin. Natürlich mit Becher im Bild - yeah... Aber siehe links, die Säulen waren nicht gerade schmal |
Aber ich fand das Setting fast schon zu voll und ein
Seitenblick auf die deftigen Preisangaben verrieten ganz eindeutig. Es ist nicht
nur Sympathie, Nächstenliebe oder sondergleichen – ebenso gern gesehen ist das
Geld und zwar ordentlich. Für viele sicherlich das 13te und 14te Monatsgehalt
innerhalb von einer Woche. Als Anwohner durchaus legitim, aber leider doch sehr
zweischneidig und ich war sehr, sehr zwiegespalten wie ich dies einordnen
sollte. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen beziehungsweise wurde schnell
wieder gedämpft.
Das Areal war dann riesig – zwar konnten wir direkt hinten
rum ans Verkaufszelt fahren, für welches man als normaler Besucher zudem noch
Eintritt löhnen musste, was ich jetzt für nicht ganz so gelungen halte, auch
wenn es dort natürlich Pro und Contra gibt -
Pro: In der Regel zahlen auch nur Menschen 2€ Eintritt um etwas kaufen zu dürfen, wie in der Regel bei Börsen üblich, welche auch etwas kaufen wollen – bei gut 75.000 bis 80.000 Besuchern sicherlich kein Fehler ein klein wenig zu differenzieren
Pro: In der Regel zahlen auch nur Menschen 2€ Eintritt um etwas kaufen zu dürfen, wie in der Regel bei Börsen üblich, welche auch etwas kaufen wollen – bei gut 75.000 bis 80.000 Besuchern sicherlich kein Fehler ein klein wenig zu differenzieren
Contra: Ich leg schon
170€ auf den Tisch um überhaupt auf das Festival zu können und soll dann um
eine größere Auswahl zu haben was Händler angeht noch mal löhnen ?!
- zudem; den Satz bekomme ich jetzt nicht wirklich mehr
schön zu Ende, wurde mit Blood Babe Strip Shows von den Debauchery Girls und
dem ein oder anderen kleinen Auftritt geworben und Mister Lordi persönlich
sollte noch kommen, aber das finde/fand ich kaum die 2€ wert. Auf jeden Fall –
war draußen vor den Toren auch noch ein riesiges Areal an Merchständen, welche
ich am letzten Tag über eine Stunde verzweifelt nach Dark Fortress Shirts als
Mitbringsel für meine Freundin abklapperte, aber natürlich nur den üblichen
Standartscheiß fand. Wirklich an jedem verfickten Stand, immer nur die gleiche
08/15 Grütze, ganz egal aus welchem Land der Händler kam und ich hab locker
20-30 Händler angesprochen. Sehr schade, spricht aber für sich und was so das
Zielpublikum sein soll. Allein in der Halle gab es einen recht coolen Händler
mit massig Undergroundblack Metal mit einem großen Angebot an CD’s und Shirts.
Nur erfolgreich dürfte er damit nicht gewesen sein, aber dazu später mehr…
Lust auf Gruppenkuscheln? So dürften übrigens viele Rammstein live "gesehen" haben. |
Es spielten ja auch ein paar Bands welche ich potentiell
interessant fand und ich auch unbedingt sehen wollte. Unter anderem gehörte
dazu am ersten Tag, der dann folglich bei uns der Donnerstag war – Haggard. Am Summerbreeze 2009 hatte ich
sie nur am Rande mitbekommen, praktisch ca. 1,5 Songs da ich lieber eine Zeit
lang freiwillig im Sanizelt verweilte, da ich bei Amon Amarth im wahrsten Sinne des Wortes nieder getrampelt wurde,
ihr Arschgesichter.
Pardon, wie auch immer – alleine hätte ich den Weg aber nie
gefunden, fand das Konzert doch im Zelt statt, für das man zur Headbanger Stage
musste, welche irgendwo hinter dem Wackinger Village war. Unterwegs, sieh einer
an – der Ivo. Es ist glaub ich scheißegal wie groß das Festival ist und vor
allem wo, Ivo würde ich auch im Dschungel, an der Antarktis oder sonst wo
wieder treffen, wenn dort ein ordentliches Fest wäre. Grüße schon mal an dieser
Stelle.
Der erste Vorteil wurde schon am Eingang gewahr.
Händlerbändchen ftw! Schlange stehen am Eingang? Nö, Bändchen am Ausgang zeigen
und mit freundlichen Gruß passieren ohne eine einzige Körperkontrolle. Sehr
schön. Im Zelt war es trotzdem schon rappel voll, dank ungünstig stehender
Säulen sah man auch recht schlecht und dann fing die Band an und der Sound war
zum davon laufen. Es dauerte fast 3 Lieder, bis der Tontechniker es hinbekam,
dass man zumindest den Sänger auch nur ansatzweise hörte. Zuvor konnte er noch
so inbrünstig ins Mirko trällern, kein Ton war zu hören – alles wurde gnadenlos
vom Orchester geplättet.
Danach war alles okay und der Auftritt top, wenn man aber
die durchschnittliche Songlänge und die Auftrittszeit insgesamt in Relation setzt,
sieht es nicht mehr ganz so dolle aus. Wobei ich zumindest das Gefühl hatte,
die Lieder wurden nicht in ganzer Länge gespielt. Manches kam mir doch etwas
kurz und/oder leicht verändert vor. Kann mich aber auch täuschen…
Nächster Stopp war eigentlich Rammstein, dafür stellten wir uns schon verdammt früh an –
eigentlich ab Mitte Deep Purple,
sprich gut anderthalb Stunden früher. Der Platz wäre auch recht gut und okay
gewesen, aber die Leute gingen einfach gar nicht. Es gab schon absolut keinen
Platz mehr, trotzdem wurde gedrückt und geschoben bis zum geht nicht mehr. Es
gab immer noch einen der auch noch vor wollte und sich zur Not auch extrem
gewaltsam durchdrückte. Das war absolut unschön und spätestens als von hinten
nach vorne gepinkelt wurde, war das Fass endgültig voll. Es war zwar nicht ich,
der angepinkelt wurde – der hätte sonst die nächste Woche nur noch unter
Schmerzen gepisst, aber geht es noch asozialer? Nur weil ich meinen Platz nicht
verlassen möchte und trotzdem ein Bier nach dem anderen mir reinlöten muss,
piss ich den Vordermann an? Hallo?! Röter geht die Karte nicht mehr, das ist
und war leider symptomatisch für zwar eine Minderheit, aber dennoch – so ein
Asivolk habe ich persönlich noch auf keinem Festival erlebt. Da lass ich mich
ja sogar lieber von Frei.Wild Trotteln anpöpeln und das geht schon nicht. Ach
ja, der Auftritt? Nebensächlich, leider wirklich so was von nebensächlich weil
alle 20 Sekunden ein Stoß, Schubser, Ellenbogen oder sonst was von hinten oder
von der Seite kam. Genuss oder dergleichen sieht anders aus…
Also wieder raus, denn um alle Umstände wegen muss so ein
Scheißplatz (nicht der Sicht, der Menschen halber) nicht gehalten werden. Auch
erwähnenswert ist wieder der hundsmiserable Sound. Während Deep Purple links
auf der Black Stage spielte, war ausnahmsweise mittig die True Stage frei und
ganz rechts die Party Stage. Drei Bühnen nebeneinander sind eh Wahnsinn, (-ig
blöd) aber das spielte am ersten Tag ausnahmsweise keine Rolle. Diesmal war ja
nur eine Band gleichzeitig auf eine von dreien. Problematisch war eher, dass
der Sound auf den anderen Bühnen auch gespielt wurde. Und das nicht etwas
synchron und stimmig, nein mit schönem Verzug von 1 bis 2 Sekunden, was
wirklich ein erschreckend unprofessionelles und vor allem grauenhaftes
Klangbild abgab. Hinten rechts noch vor dem Eingang war zudem eine weitere
Leinwand aufgestellt, welche Bild und Ton ebenfalls wieder gab, aber auch hier
nicht wirklich im Einklang. Man muss sich dies einmal vor Augen führen!
Man zahlt theoretisch 170€ Eintritt und legt sonst einen
Arsch voll Geld für jeden Scheiß hin; Currywurst z.B. 4€ bzw. 4,50€, 0,3l Bier
– 3€ ; den Kommerzvorwurf hier zu verleugnen ist lachhaft und eine Frechheit –
bekommt dann zwar auch einen Haufen an Top Acts, hat aber vier absolut nicht
aufeinander abgestimmte Soundquellen? Wacken als führendes Metalfest weltweit,
ein Millionenevent und dann so was? Da kann ich doch erwarten, dass da Topleute
am Mischer sitzen, dass die Akustik durchdacht ist und das auch aufeinander abstimmen
oder zumindest bemerken. Aber nein, während Deep Purple als auch während
Rammstein, permanent einen dermaßen verzögerten und verschossenen Sound. Es
half praktisch nur, direkt vor einer Bühne zu stehen was jetzt nicht sooo
leicht ist bei 70.000 Menschen welche das alle auch gleichzeitig tun wollen.
Eine Panik wollte ich mir übrigens das ganze Festival über nicht vorstellen, da
tippe ich auf eine dreistellige Zahl an Toten. Einfach abartig überfüllt…
So sah dann die Alternative aus, lusigerweise mit direkten Blick auf die Bühne aber nicht die Rede wert. Die Kamera hatte hier aber schon längst schlapp gemacht... |
Über ganz rechts konnten wir uns aber seitlich einigermaßen
an Rammstein heranpirschen. Waren zwar dennoch gefühlte Kilometer von entfernt,
konnten aber seitlich direkt auf die Bühne spähen und sahen in Miniaturansicht
immerhin ein wenig Bewegung statt wie im Regelfall nur über Leinwand und der
Sound ging dann sogar. Draußen hingegen, wo gefühlt 40% der Besucher standen
aber eine Katastrophe.
„Im Nachbardorf spielt eine Band und ich bin live dabei“
Der Auftritt war aber dennoch erste Sahne. Auch wenn ich
kein wirklicher Rammsteinfan bin, die Bühnenshow welche sie live auffahren ist
irre. Was da an Pyro verballert wurde ist abartig, das schafft manch Festival
die ganze Woche nicht was da innerhalb weniger Liedern schon raus kam. Auch
über das Publikum geschossene Raketen, welche nach einigen hundert Metern
umdrehten und um wieder zur Bühne zu fliegen waren imposant. Dazu gab es einige
Stunts mit brennenden Musikern und Instrumenten, auch Flammenwerfer etc. pp.
unterstrich wunderbar die Musik. Klar die Rhythmik war typisch stumpf, aber
treibend und energiegeladen und eben mit der erheblichen visuellen Ebene
perfekt harmonierend. Das Rammsteinauftritt locker an die 70€ kosten ist nun
auch nachvollziehbar und das Ganze eigentlich auch wert. Und auch wenn ich
eigentlich nur ein bisschen sehen wollte, blieben wir bis zur maximal
vereinbarten Uhrzeit um noch rechtzeitig vom Gelände zu kommen – da wir durch
den halben Camping Ground fahren mussten. Und entgegen aller Erwartungen, wäre
ich doch gerne bis zum Ende geblieben, da es einfach nur irre geil und
sehenswert war. Den Auftritt mit Heino hatte
ich verpasst, was mir wiederum aber auch vollkommen Latte war. Den Möchtegern
brauch ich nicht und es gab auch kaum ein kontroverseres Thema die Woche über
als dieser Auftritt. Von cool und toll bis zu kompletten Anfeindungen war alles
dabei. Da er mir mit seiner Selbstinszenierung mittlerweile aber tierisch auf
den Sack geht, dürfte sich meine Meinung dazu langsam aber sicher von ersteren
zu letzteren Attributen gewandelt haben. Aber Rammstein live gesehen, nichts
bereut, abhaken, Nacht darüber Schlafen und weiter geht’s…
Weiter zu Teil 2!
Weiter zu Teil 2!
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