Freitag, 1. Juli 2022

DEMO für Kultur - Ulm 01.07.22 - 20 Uhr - Karlsplatz

 

Die Situation ist zugegeben natürlich kompliziert und hat zwei Seiten einer Medaille, aber gefühlt wird nur eine Seite betrachtet weswegen es an der Zeit ist die Gegenseite zu vertreten um idealerweise danach in einen konstruktiven Dialog treten zu können oder einen Trialog - denn außen vor lassen sollte man die Stadt selber auch nicht.

Über die letzten Jahre hat sich mit dem Leise e.V. eine Bürgerbewegung entwickelt, die sich augenscheinlich für die Interessen der Anwohner der Stadt stark macht und dabei sicherlich in einigen Punkten recht hat, in der Art und Weise der Umsetzung und Zielsetzungen himmelweit über das Ziel hinausschießt.

Nachdem jetzt das Cabaret Eden mit einem Verweis auf fehlender Erlaubnis von mehr als 12 Veranstaltungen pro Jahr hinterrücks durch Behörden still gelegt wurde, nachdem es davor temporär schon das Gleis44 getroffen hat, oder den Ulmer Nationalfeiertag "Schwörmontag" limitiert wurde, diverse Kneipen und Bars permanent alle möglichen Auflagen um die Ohren gehauen werden und am besten selbige mitsamt den ganzen Cafés doch bitte aus der Innenstadt verschwinden sollen, reicht es langsam.

Natürlich, Ruhe will und braucht jeder und das randalierende und urinierende Gruppen niemand will, dass steht natürlich außer Frage. Aber es findet sukzessive eine forcierte Verdrängung sämtlichen Nachtlebens aus der Innenstadt statt, ein Phänomen welches sicherlich nicht nur auf die Stadt Ulm beschränkt ist und in vielen deutschen Städten stattfindet, Stichwort Gentrifizierung!

Nicht nur bestehen die Akteure aus einer Minderheit der Stadtbevölkerung die gerne im Namen ALLER sprechen, ferner steht dem ganzen auch kein durchdachtes Konzept statt außer eben einem "aBeR nIcHt VoR mEiNeR tÜr!! Exemplarisch sind die kargen letzten zwei Jahre und Monaten, wo es aufgrund der ganzen Coronamaßnahmen zur absoluten Stilllegung des Nachtlebens führte und sich, welch Überraschung die Leute eben draußen auf der Donauwiese, der Friedrichsau oder sonst wo getroffen haben und dort ebenfalls störten.

Die Sache ist, Ulm ist nicht nur eine Studentenstadt sondern hat auch eine seit Jahrzehnten etablierte, lebendige Nachtkultur. Fraglich ist, mit welchem Ansinnen ich dann in die Innenstadt ziehe und dörfliche Ruhe fordere, die Vorteile einer Stadt aber dankenswerterweise als selbstverständlich erachte.

Auch aus persönlicher Erfahrung, war ich doch sehr verwundert, als ich bei der Wohnungssuche in einer sehr zentralen, etwas lauteren Lage - derer ich mir vollkommen bewusst war und bin, Anfang 30 mit einer unbefristeten Festanstellung im öffentlichen Dienst via Makler die Ablehnung des Vermieters mit der Begründung mitgeteilt bekommen habe, der Vermieter wünscht sich einen älteren Mieter.

Kann ich so absolut nicht nachvollziehen, denn ich bin nicht frisch aus der Schule und auf der Suche nach einer beruflichen Perspektive, ich habe eine fixe Stelle und bin somit monetär liquide und zuverlässig, eigentlich ein feuchter Traum für jeden Vermieter. Und wer soll denn sonst inmitten von Bars, Dönerbuden, Cafés, Flaniermeilen und nächtlichen und ganztägigen Posertreffs wohnen? Etwa ein nach Ruhe lechzendes, älteres Pendant meinerseits welcher sich dann am besten empört genau den Forderungen von Leise e.V. anschließt?

Natürlich bin ich zwiegespalten mit der Forderung "Dann zieht halt nicht in die Stadt oder eben einfach weg!" - welche so 1:1 deutschlandweit von der Autoposerszene stammen könnte, nein sogar nachweislich so öfters in diversen Dokus fallen. Aber ich halte es für etwas arg vermessen die gesellschaftliche Bedeutung von laut im Kreis röhrenden Autos auf eine Stufe mit einer lebendigen, vielfältigen Bar- und Clubkultur zu stellen.

Dass es Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten gibt, stelle ich auch absolut nicht in Abrede! Aber hier ist eben auch die Stadt gefragt, welche durch Polizei und Ordnungsamt die entsprechenden Hebel zur Hand hat um regulierend einzugreifen und die Minderheit an aus der Reihe schlagenden Personen zu sanktionieren.

Denn die Mehrheit der Nachtschwärmer sind nicht das Problem, noch trifft dies auf jeden Laden zu. Trotzdem wurde als es um die Streichung der Sperrstunde ging, per se dazwischen gekeilt. Eine Differenzierung findet nicht statt.

Und so ist es, wie leider immer häufiger heutzutage eine laute Minderheit, welche mit einem unrealistischen, entrückten Weltbilde alles für alle verbieten möchte weil eine andere Minderheit sich hie und da daneben benimmt. Und das ist nicht richtig noch durchdacht, weil wie obig exemplarisch angesprochen, die störende Minderheit einfach woanders hingeht. Wer in die Röhre schaut, ist die Mehrheit der Stadtbevölkerung deren ein kulturelles Angebot nach dem anderen ausgeknippst wird. Die Stadt selbst sollte daran auch kein Interesse haben, denn diese Vielfalt trägt zur Lebensqualität ihrer Bewohner bei und zeichnet die Stadt durch ihre Strahlkraft nach außen aus.

Ich bin gespannt wie die Demo abläuft und was sich daraus entwickelt, denn idealweise sollte in einer Gesellschaft eines zählen. Ein Kompromiss verschiedener oft auch entgegenlaufender Interessen, auf den sich alle einigermaßen einigen können. Aber genau das läuft momentan etwas aus dem Ruder.

Darum, Präsenz zeigen!


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