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Frontcover |
Marilyn Manson – wenn er nicht gerade Beziehungskrisen
durchlebt und sich mit Sido zofft, macht er auch noch Musik. In mein
Bewusstsein kam er schon sehr früh, war er doch auf dieser ominösen Festplatte
welche wesentlich meinen Musikgeschmack prägte auch vertreten. Neben
„Disposable Teens“, „Tainted Love“ und „The Nobodies“ hatte es mir vor allem
das brandneue „This is the New Shit“ angetan. Das hatte einen aggressiven
Smooth und war mit in meinem jungen Alter schon beschämend frech - „Sex Sex
Sex“ – huch war das pöse. Danach verlor ich ihn komplett vom Schirm, ein paar
bekanntere Songs schnappte man hier und dort natürlich auf, aber es
interessierte mich nicht weiters und war auch nicht musikalisch unbedingt
überschneidend. Bis eben meine Freundin plötzlich vermehrt Manson hörte und
mich das neueste Album Anfang des Jahres unverschämt billig vom CD Regal aus
anlachte. Wer kann denn so herzlos sein und da vorbei laufen?
„Hey, Cruel World...“
fängt mit einem undefinierbarem, ratternd-rollendem Geräusch an. Der Song baut
sich langsam auf, gemütliche Hi-Hat und Crash-Becken(?) Schläge setzen ein,
ebenso der Gesang. Hier hätte ich mir schon mehr Stimmung oder Verzweiflung
gewünscht. Das Lied gewinnt an Fahrt und hat auch ansatzweise so etwas wie ein
Wiedererkennungseffekt, wirkt auf mich aber ein wenig zu schal und zu wenig
ansprechend und mitziehend, vor allem wenn man bedenkt, dass dies der Opener
sein soll. Eigentlich ist nach der Hälfte alles durch und keine Luft mehr nach
hinten. Finde ich nicht so glücklich. 5
Punkte
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Eschienen bei: Hell, Ect. / Cooking Vinyl Ltd / Universal Music Domestic Rock/Urban EAN-Nr.: 0602537005994 Katalog-Nr.:
0602537005994 |
„No Reflection“
lässt sich Zeit und „geräuscht“ ein wenig im Hintergrund, kommt dann aber
sofort mit einem extrem eingängigen und coolen Beat daher, welcher eigentlich
komplett vom Schlagzeug dominiert wird. Das groovt und darauf kann man auch
wunderbar tanzen, feiern oder was auch immer man möchte. Im Mittelteil tritt
die Stimme ein wenig nach vorne, es wirkt prägnanter und betonter und wird
perfekt von eben genau dem Beat darin unterstützt. Das gefällt schon viel mehr
und hätte eigentlich Mindeststandard für eine Eröffnung ins Album sein sollen.
Wiederholt sich zwar recht viel, kann sich Qualitativ in der Länge noch gut
tragen. 7,5 Punkte
Es scheint wohl Gang und Gebe zu sein, die ersten Sekunden –
hier fast eine geschlagene Minute lang – eines jeden Liedes mit komischen
Geräuschen zu starten, raubt dem ganzen Album aber in meinen Augen irgendwie
den Fluss und finde ich schon ab dem dritten Lied als leicht störend. „Pistol Whipped“ fängt dann recht ruhig
an, das nachwispern hat einen leicht gestörten Geschmack – ansatzweise stark
wird das Lied meiner Meinung nach aber lediglich im Refrain. Da tritt Manson
mit Macht aus dem Schatten, die Stimme klingt lauter und kräftiger – das ganze
Lied wirkt harmonischer und runder. Ansonsten klopft es nur harmlos vor sich
hin, Highlight ist noch maximal die verzerrte Gitarre die mal wirklich
plötzlich vor dem Refrain ertönt. Sonst ist alles leider alles recht
vorhersehbar. 6 Punkte
Im vierten Track „Overneath
The Path Of Misery“ geht mir die „Stille“ dann schon langsam arg auf die
Nerven, wenn ich meine Anlage nicht gerade voll aufdrehe höre ich die ersten 13
Sekunden praktisch nichts und da das irgendwie eine Art „Konzept“ zu sein
scheint und kein klassischer Ausrutscher ist – gibt’s hier erstmals 3
Strafsekunden! Danach „spricht“ er irgendwas flüsternd, wispernd – damit nach
gut einer Minute Gitarre und Schlagzeug einsetzen. Das Lied klingt ziemlich
harmlos und irgendwie fehlt mir einfach der Biss. Eventuell ist dieser in den
Lyrics beinhaltet, aber dazu gibt es später noch was zu sagen. Belanglose 5 Punkte
Erfreulicherweise startet „Slo-Mo-Tion“ direkt. Als wäre das nicht genug Grund zur Freude
reißt der Beat schon ein wenig mehr, während ich mich weiterhin verzweifelt
frage, in welche musikalische Schiene ich das Ganze überhaupt stecken soll.
Elektronische Beats und Spielereien hier, vereinzelte aber harmlose Gitarren
dort. Die Melodie ist harmonisch, der Gesang aber irgendwie auch. Ansatzweise
schräg, aber nicht verzweifelt oder durchgedreht genug. Wäre die Stimme nicht
doch so prägnant in der Klangfarbe, sondern ein klein weniger glattgebügelter
und der Sound ebenso, könnte dies problemlos im Radio laufen. Da es, wenngleich
eine minimale, dennoch eine leichte Steigerung ist. 5,5 Punkte
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Booklet.... Ne, irgendwie doch nicht und das finde ich ehrlich gesagt vor allem bei einer limitierten Ausgabe ganz schön frech... !! |
„The Gardener“
hat mal wieder ein Flüsterintro und einen simplen Snare-Tom-Snare-Tom Beat,
klingt zumindest so. Dazu wird eine Art Geschichte erzählt und zwischendrin
gesungen. Es ist zu gefällig, könnte vorsichtig in die Gothic Rock Ecke gehen,
in der Art der Umsetzung aber nicht wirklich das, was ich erwarte wenn ich mir
Manson anhören will. 5 Punkte
Nach der allseits beliebten Stille rauscht „The Flowers Of Evil“ wieder lange vor
sich hin und lässt sich auch viel Zeit im Aufbau. Nicht dass dies von Nöten
wäre, es ist einfach so. Auch hier ist wieder alles sehr minimalistisch
gehalten, der gedämpfte Gesang bockt kein bisschen, zumal die Gelegenheit eines
plötzlichen Dynamikwechsels, einem richtigen „Ausbruch“ vollkommen ignoriert
wird. Auch zwischendrin wie gewohnt keine Überraschungen oder große
Progressivität. Wenn irgendetwas kurz anders quäkt, ist das Maximum schon
erlebt. Und auch von der Geschwindigkeit ungewohnt langsam. Die Aufmerksamkeit
geht langsam echt weg… 4,5 Punkte
Wahrlich verschachtelt wirkt da im Vergleich schon das drauf
folgende „Children Of Cain“. Ein
paar Zwischentöne mehr durfte der Beat haben. Gut ist hier schon die
aufkommende Stimmung, hier schwingt etwas Bedrohung mit und reißt mich sofort
aus dem Halbschlaf. Manson klingt endlich mal wieder verzweifelt, so sadistisch
sich diese Forderung und Wunsch anhören mag. Aber endlich mal wieder ein Hauch
Spannung welche sie sogar leicht zum Bogen biegen lässt. Der Aufbau mit
Vollendung in der höheren Stimmlage ist doch schon etwas. Hätte ich mir
extremer zwar noch besser vorgestellt,
aber ich bin ja froh, wenigstens einen Finger gereicht zu bekommen. 7,5 Punkte
Jetzt wird nicht geflüstert, sondern mehr gehaucht –
willkommen bei „Disengaged“. Es ist
´ja schön, dass jeder Song irgendwie wieder bei Null anfängt und somit „neu“
klingt. Aber ich hätte mir eine Verbindung zum vorherigen durchaus gewünscht um
nicht wieder in den gleichen Trott zu fallen. Der Refrain ist zwar relativ
stumpf, blitzt aber immerhin zaghaft mit Dynamik auf. Nur dieses Ha-ha-ha-ha
geht auf Dauer nicht. 5,5 Punkte
Gitarren schön - „Lay
Down Your Goddamn Arms” fängt mal wieder besser an. Und hier reißt endlich
der Refrain mal wieder etwas mehr. Die Melodie geht gut ins Ohr und hat etwas
von diesem, traurig, schleppend, schwelgendem was ich eigentlich sehr mag.
Zumindest ansatzweise wenn auch nicht voll ausgefahren was das Potential anbelangt.
Der Rest des Songs wiederholt sich ziemlich oft mit immergleichen Worten,
bildet damit aber einen leichten Kontrast den man wohlwollend als gewollt
bezeichnen kann. Ach ich bin heut einfach mal wohlwollend. 6,5 Punkte
Noch tiefere Gitarren, sogar relativ flott wirbelnde Drums. Hoppla
„Murderers Are Getting Prettier Every Day”
man wagt es kaum zu sagen, wirkt aggressiv. Und das ist mehr als wohltuend. Keine
oder nur kaum Elektrogesülze, dafür mal ein schön nach vorne preschender Song.
Zwar lässt die Ausdauer zwischendurch leicht nach, aber dafür gibt es zur
Entschädigung noch richtig flotte Gitarrensolos. Das ist fast schon richtig
gut. 7,5 Punkte
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Backcover und Tracklist Von vorne und hinten wie gesagt sehr schick, innen auch aber irgendwie sehr kahl... |
Das Namengebende „Born
Villain“ ist wieder deutlich ruhiger und entspricht dem Grundschema bereits
gehörter Songs. Würde er nicht dauernd so gräuliche Zeilen singen und am besten
Schweigen, die Drums weniger Wucht haben – könnte ich mir das Grundthema gut
als Loungemusik vorstellen um mal wieder repräsentativ ein Grundproblem des
Albums anzuschneiden. Da diese nicht ganz unterirdisch klingen würde, halte ich
6 Punkte für angemessen.
„Breaking The Same
Old Ground“ ist der letzte reguläre Track, diesmal wird eine Spieluhr
aufgezogen und das klingt schon gleich gruseliger als der ganze Rest des
Albums. Das Lied ist ziemlich langsam und ruhig, hat aber im Refrain eine
gewisse Tiefe und trifft bei mir den richtigen Nerv. Das klingt wieder etwas
verzweifelter, von der Realität entrückt und auch das Geflüster wirkt diesmal
wohl platziert denn zufällig. Der „I am“ Schrei gegen Ende sitzt, hier läuft
einfach wieder mehr zusammen, mit leichtem Vorsprung stärkster Song des Albums.
8 Punkte
Als Bonus gibt es „You're
So Vain“ zusammen mit Johnny Depp, welchen man aber vergeblich stimmlich
hören wird. Dieser steht lediglich an der Gitarre. In meinen Augen gehört der
ebenso auf die reguläre Version um diese aufzupeppen, denn der Song hat
ordentlich Groove, einen eingängigen Refrain mit Ohrwurmcharakter, ausreichend
Schlagzeug und Gitarre und ist ein mehr als nur versöhnlicher Ausklang. Der
Beat ist zwar simpel, geht aber recht gut auf und versöhnt ebenfalls noch mit 8 Punkten.
Cover:
Unspektakulär, fast schon enttäuschend harmlos wenn man
bedenkt, was Manson schon für provokante Bilder präsentiert hatte, wenngleich
man diese wohl kaum mehr erwarten kann und sollte? Ein Selbstbildnis, halb im
Schatten in leicht Türkisfarben gehalten. Das geht so, mehr aber nicht.
Die Aufmachung, sieht in der Tat schick aus – von vorne und
hinten gibt es absolut nichts zu meckern, das sieht hochwertig aus – aber der
schein trügt! Innen ist bis auf ein weiteres belangloses Bild alles einfach
schwarz kartoniert. Booklet? Fehlanzeige, dafür netterweise einen Hinweis auf
eine Homepage wo es die Lyrics alle geben würde. Das ist nicht mal mehr ausreichend
und in der heutigen Zeit doch ganz schön frech. Zur Anmerkung, ich habe hier
sogar die limitierte Edition! Natürlich gibt es vom Bonussong online auch
nichts und wer kann mir bitte heute noch garantieren, dass morgen das Ganze
immer noch online steht, zumal – was wenn ich kein Internet hätte? Ganz miese
Aufmachung…
Fazit:
Leider enttäuschend, optisch ein Blender und inhaltlich auch
nicht wirklich das, was ich mir unter Manson vorgestellt hatte. Die
Aggressivität ist fast gänzlich verschwunden und das Problem ist nicht, dass
das jetzt soft klingen würde – sondern schlicht und ergreifend nur noch banal.
Mag manch eine Spitze im Text stecken, kann ich sie nicht ohne weiteres
nachlesen aber selbst da kenne ich besseres von ihm. Auch emotional viel zu
harmlos, kein Wahnsinn, keine Gefühlspassagen nur zaghafte und viel zu schwache
Lautmeldungen. Einfach kein Drama mehr. Da reißen die paar wenigen brauchbaren
Songs kaum was mehr aus. Das Album klingt auch nur ungewollt wie aus einem
Guss, die vielen Pausen und mühsamen Neustarts nach fast jedem Song verhindern
erfolgreich das Gefühl einer Homogenität – viel mehr wirkt es so dadurch, dass
es kollektiv öde ist. Um nicht falsch verstanden zu werden, es ist kein
Totalausfall und ich höre mir das Ganze auch gerne an, aber mehr so beim
Heimfahren im Zug nach Feierabend, als Nebenher und selten wirklich überzeugt
weil es mich jetzt total vom Hocker reißen würde. Vielleicht hätte ich dem
Album mehr Zeit geben sollen, aber nach fast einem dreiviertel Jahr (was ja für
mich echt schon erstaunlich schnell ist) und gut einem Dutzend Durchläufe,
bezweifle ich leider sehr, dass da noch viel wachsen würde. Ich hatte Manson
früher anders kennen gelernt. Da hatte er noch irgendwie Eier und diese dürfte
er auf diesem Album vergeblich suchen.
Gesamtergebnis: 5,75
Gesamtspielzeit: 63:25
Durchschnittsdauer: 4:32
= doppelte Wertung für Song 4
Liedqualität: 6,25 (3x)
(5 + 7,5 + 6 + 4,95* + 5,5 + 5 + 4,5 + 7,5 + 5,5 + 6,5 + 7,5 + 6 + 8 +
8) / 14 = 6,25
Cover: 4,00 (1x)
Cover: 6
Lyrics: 0/14 = 0
Aufmachung: 3
+ Digipack 1 = 4
Abwechslung: 6,0 (1x)
*Strafe für zu lange Pausen
bei Song 4:
3sec werden im Verhältnis mit
0 Pkt. bewertet, restlichen 316sec mit 5 Pkt.
Ergibt eine Gesamtpunktzahl
von 4,95