Manche Sachen haben eine Vorgeschichte, so auch dieser Abend
hier. Ein paar Tage zuvor: ich kam gerade von der Arbeit heim, bereitete mir
gemütlich Essen zu und gedachte noch nebenher Fußball zu schauen und Karten für
ein paar Konzerte zu ordern, derer es in der folgenden Woche im Überangebot
gab. Und während ich also mit großer Vorfreude Tickets für High on Fire, Black Tusk hatten zu diesem Zeitpunkt
leider schon abgesagt und wären mein primärer Erscheinungsgrund gewesen, sowie
für Shining am nächsten Tag bestellte, spielte sich live ein Drama im Fernseher
ab.
Es war der 13te November 2015 und in Paris herrschte der
Terror, welcher ein Massaker auf dem Konzert der Eagles of Death Metal
veranstaltete. Ein merkwürdiges, unschönes Gefühl… - dennoch sollte dies nichts
an meiner Entscheidung dorthin zu gehen ändern. Zum einen weil ich mir weder
Angst machen noch mich einschüchtern lassen will, noch in Panik geraten oder
mir meine Freizeitaktivitäten vorschreiben oder verbieten lassen möchte, zum
anderen weil alles andere auch ein Sieg für den Terror wäre.
Natürlich kreisten meine Gedanken lange um das hypothetische
„Was-wäre-wenn“, weil eine abstrakte Bedrohung plötzlich realer wurde,
zumindest gefühlt oder wie ich es „live“ in meinem Stammforum beschrieb.
Stand jetzt empfinde
ich es irgendwie als unpassend, weiß nicht - wäre es heute würde ich auch nicht
hingehen, abgesehen davon, dass es jetzt auch schon wahrscheinlich vorbei wäre
- aber ich denk da muss ich schon 1-2 Nächte drüber schlafen; weil irgendwie
scheint es mitnichten so absurd entfernt wie bei sonstigen Schlagzeilen, auch
das Gefühl der Massenpanik im Stadion kann ich in gewisserweise nachvollziehen,
seit dem ich auf einem Festival mitten im Moshpit zu Boden ging und da eine
Weile lag und wirklich absolut keine Chance hatte da raus, geschweige denn
hochzukommen; generell hab ich immer auch ein Auge auf Fluchtwege etc. pp. und
bei manch wirklich gandenlos überfüllter Veranstaltung da durchaus ein ungutes Gefühl,
hie und da wird ja auch mal Pyro und ähnliches verwendet was schief gehen
könnte - brennenden und in Folge glühend-tropfenden Ventilator hab ich mal
glücklich für einige Minuten verpasst, aber weiter gefasst, z.B. Great White ist mir durchaus bekannt
und hab da auch aufwühlende Live-Videos zu gesehen, in Bukarest gab es auch
erst vor gut zwei Wochen eine Brandkatastophe mit Todesfällen und das es noch
nie auf einem großen Festival geknallt hat, wundert mich leider tatsächlich.
Das alles ging einem halt mehr oder minder zum Teil durch
den Kopf und lenkte hie und da vielleicht ein wenig von der Musik und dem
Geschehen ab, ansonsten gilt es zu erwähnen, dass der Schlachthof einen super
Service anbietet was den Kartenvorverkauf anbelangt.
Dank der Möglichkeit der Sofort-Überweisung via
Online-Banking und den Print@Home Tickets ist es möglich, wirklich extrem
kurzfristig sich für ein Event zu entscheiden und unkompliziert ohne
Zitterpartie ob der postalischen Zustellung den Vorgang auch gleich komplett zu
beenden. Dabei fallen keine lästigen VVK-Gebühren und sonstiger Wucher an und
zudem kann man dank RMV-Kulturticket 5 Stunden vorher bis Betriebsschluss
kostenlos mit Bus & Bahn in die Location und zurück fahren. Das ist wirklich
extrem geil und lobenswert und sollte nicht unerwähnt bleiben. Stark!
Das ganze fand auch im neu renovierten Kesselhaus statt, das
Gelände des Schlachthofs in Wiesbaden bietet ja mehrere Räumlichkeiten und Säle
inklusive Bar mit Essensangebot an. Insgesamt ein sehr attraktives Gelände
direkt am Hauptbahnhof von Wiesbaden gelegen.
Den Auftakt gestalteten Bask,
welche mit einem Mix aus Americana, Country, Postrock und Doom-Metal beworben
wurden. Mit dieser Zusammenstellung gehe ich allerdings nur bedingt konform.
Bei Americana bin ich raus, keine Ahnung was dies sein soll und klassischer
Country wäre es dann auch nicht gewesen und auch meine Erwartungen bezüglich
des Begriffs Doom wurden gar nicht getroffen. Ich denke eine eh schon recht
offen gehaltene Formulierung wie Postrock hätte schon vollkommen ausgereicht,
vielleicht noch ein bisschen Stoner, aber mehr auch nicht.
Musikalisch war es aber gar nicht mal schlecht, bis auf die
Tatsache, dass ich nicht wirklich wusste was ich zu erwarten hatte,
beziehungsweise durch das Namedropping „Doom“ halt doch angefixt war und dies
halt nicht bekam.
Ich umschreib die Stimmung mit einem Bild, welches mir
spontan in den Kopf kam, als ich diese Musik hörte. Eine endlos lange Straße,
ein gemütlicher, freier und entspannter Road Trip bei Sonnenschein. Der
Horizont verschwimmt, ein Ziel ist nicht Sicht und auch nicht anvisiert, mehr
in den Tag gelebt. Und dann immer wieder plötzlich cholerische Anfälle, bei
welchen man wie wild auf das Lenkrad einhämmert. Oder ist es eine seltsame
Ausdrucksform von Freude? Keine Ahnung, würde dies überhaupt einen Unterschied
machen… ?
Mit High On Fire wurde
es gleich weniger verträumt, sondern wesentlich rauer und leider auch asozialer.
Dass der Sänger permanent auf die Bühne rotzte fand ich schon nicht so pralle,
sowas mag ich eigentlich generell nicht, in geschlossenen Räumen erst recht
nicht und sollte ich selbst in diese Verlegenheit kommen, dann liegt dieser respektlosen
Geste auf meiner Seite eine Notwendigkeit präventiven Ausmaßes zugrunde, sei es
eine Luftknappheit aufgrund einer auftretenden Verschleimung ausgehend von
einem Sprint zu einem Zug, den es zu verpassen droht, einer vorbeugenden
Maßnahme um mich nicht gleich ganz zu erbrechen, sollte ich die Voranzeichen
bemerken; – welches ausschließlich nach Möglichkeit gen Botanik erfolgt. Die Boshaftigkeit
bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt mit der Möglichkeit der
Blitzvereisung und der Erzeugung von tödlichen Rutschflächen behalte ich mir
nach Gelegenheit offen.
Nein kurz gesagt finde ich es nicht cool, wenn andauernd auf
den Boden gespuckt werden muss, dass dem ein Volltrottel aus dem Publikum
nachkommen musste, welcher stets gezielt Richtung Sänger sein Sabber entladen
musste, störte mich irgendwie doch schon extrem, nennen wir es, an meinem
grundästhetischen Ansinnen eines Konzerts, einhergehend mit der Anstachelung eines
unkontrollierten Gerangels, von einem kontrollierten Pit war man echt noch
meilenweit entfernt.
Musikalisch fand ich auch hier das erneut benutzte Label „Doom“
nicht wirklich angebracht, mehr Stoner gekreuzt mit einer dreckigen Rock’n’Roll
Attitüde was durchaus überzeugen konnte, aber leider nicht durchgängig und vom Gefühl
eben doch in eine komplett andere Richtung ging, als die Vorgängerband. Auch
vom Auftreten und dem Habitus an und für sich.
Als Abschluss wäre hier Black Tusk sicherlich genial gewesen
und hätten den Saal mit ihrem Sludge in Grund und Boden gegroovt, aber waren
halt leider nicht da. Dennoch ein kurzweiliger, guter Abend nur mit der denkbar
miesesten und traurigsten Vorgeschichte und dem ganzen drum herum…
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