Sonntag, 27. März 2016

High on Fire – European Tour 2015 – 16ter November @ Schlachthof, Wiesbaden



Manche Sachen haben eine Vorgeschichte, so auch dieser Abend hier. Ein paar Tage zuvor: ich kam gerade von der Arbeit heim, bereitete mir gemütlich Essen zu und gedachte noch nebenher Fußball zu schauen und Karten für ein paar Konzerte zu ordern, derer es in der folgenden Woche im Überangebot gab. Und während ich also mit großer Vorfreude Tickets für High on Fire, Black Tusk hatten zu diesem Zeitpunkt leider schon abgesagt und wären mein primärer Erscheinungsgrund gewesen, sowie für Shining am nächsten Tag bestellte, spielte sich live ein Drama im Fernseher ab.

Es war der 13te November 2015 und in Paris herrschte der Terror, welcher ein Massaker auf dem Konzert der Eagles of Death Metal veranstaltete. Ein merkwürdiges, unschönes Gefühl… - dennoch sollte dies nichts an meiner Entscheidung dorthin zu gehen ändern. Zum einen weil ich mir weder Angst machen noch mich einschüchtern lassen will, noch in Panik geraten oder mir meine Freizeitaktivitäten vorschreiben oder verbieten lassen möchte, zum anderen weil alles andere auch ein Sieg für den Terror wäre.

Natürlich kreisten meine Gedanken lange um das hypothetische „Was-wäre-wenn“, weil eine abstrakte Bedrohung plötzlich realer wurde, zumindest gefühlt oder wie ich es „live“ in meinem Stammforum beschrieb.

Stand jetzt empfinde ich es irgendwie als unpassend, weiß nicht - wäre es heute würde ich auch nicht hingehen, abgesehen davon, dass es jetzt auch schon wahrscheinlich vorbei wäre - aber ich denk da muss ich schon 1-2 Nächte drüber schlafen; weil irgendwie scheint es mitnichten so absurd entfernt wie bei sonstigen Schlagzeilen, auch das Gefühl der Massenpanik im Stadion kann ich in gewisserweise nachvollziehen, seit dem ich auf einem Festival mitten im Moshpit zu Boden ging und da eine Weile lag und wirklich absolut keine Chance hatte da raus, geschweige denn hochzukommen; generell hab ich immer auch ein Auge auf Fluchtwege etc. pp. und bei manch wirklich gandenlos überfüllter Veranstaltung da durchaus ein ungutes Gefühl, hie und da wird ja auch mal Pyro und ähnliches verwendet was schief gehen könnte - brennenden und in Folge glühend-tropfenden Ventilator hab ich mal glücklich für einige Minuten verpasst, aber weiter gefasst, z.B. Great White ist mir durchaus bekannt und hab da auch aufwühlende Live-Videos zu gesehen, in Bukarest gab es auch erst vor gut zwei Wochen eine Brandkatastophe mit Todesfällen und das es noch nie auf einem großen Festival geknallt hat, wundert mich leider tatsächlich.

Das alles ging einem halt mehr oder minder zum Teil durch den Kopf und lenkte hie und da vielleicht ein wenig von der Musik und dem Geschehen ab, ansonsten gilt es zu erwähnen, dass der Schlachthof einen super Service anbietet was den Kartenvorverkauf anbelangt.

Dank der Möglichkeit der Sofort-Überweisung via Online-Banking und den Print@Home Tickets ist es möglich, wirklich extrem kurzfristig sich für ein Event zu entscheiden und unkompliziert ohne Zitterpartie ob der postalischen Zustellung den Vorgang auch gleich komplett zu beenden. Dabei fallen keine lästigen VVK-Gebühren und sonstiger Wucher an und zudem kann man dank RMV-Kulturticket 5 Stunden vorher bis Betriebsschluss kostenlos mit Bus & Bahn in die Location und zurück fahren. Das ist wirklich extrem geil und lobenswert und sollte nicht unerwähnt bleiben. Stark!

Das ganze fand auch im neu renovierten Kesselhaus statt, das Gelände des Schlachthofs in Wiesbaden bietet ja mehrere Räumlichkeiten und Säle inklusive Bar mit Essensangebot an. Insgesamt ein sehr attraktives Gelände direkt am Hauptbahnhof von Wiesbaden gelegen.


Den Auftakt gestalteten Bask, welche mit einem Mix aus Americana, Country, Postrock und Doom-Metal beworben wurden. Mit dieser Zusammenstellung gehe ich allerdings nur bedingt konform. Bei Americana bin ich raus, keine Ahnung was dies sein soll und klassischer Country wäre es dann auch nicht gewesen und auch meine Erwartungen bezüglich des Begriffs Doom wurden gar nicht getroffen. Ich denke eine eh schon recht offen gehaltene Formulierung wie Postrock hätte schon vollkommen ausgereicht, vielleicht noch ein bisschen Stoner, aber mehr auch nicht.
Musikalisch war es aber gar nicht mal schlecht, bis auf die Tatsache, dass ich nicht wirklich wusste was ich zu erwarten hatte, beziehungsweise durch das Namedropping „Doom“ halt doch angefixt war und dies halt nicht bekam.
Ich umschreib die Stimmung mit einem Bild, welches mir spontan in den Kopf kam, als ich diese Musik hörte. Eine endlos lange Straße, ein gemütlicher, freier und entspannter Road Trip bei Sonnenschein. Der Horizont verschwimmt, ein Ziel ist nicht Sicht und auch nicht anvisiert, mehr in den Tag gelebt. Und dann immer wieder plötzlich cholerische Anfälle, bei welchen man wie wild auf das Lenkrad einhämmert. Oder ist es eine seltsame Ausdrucksform von Freude? Keine Ahnung, würde dies überhaupt einen Unterschied machen… ?

Mit High On Fire wurde es gleich weniger verträumt, sondern wesentlich rauer und leider auch asozialer. Dass der Sänger permanent auf die Bühne rotzte fand ich schon nicht so pralle, sowas mag ich eigentlich generell nicht, in geschlossenen Räumen erst recht nicht und sollte ich selbst in diese Verlegenheit kommen, dann liegt dieser respektlosen Geste auf meiner Seite eine Notwendigkeit präventiven Ausmaßes zugrunde, sei es eine Luftknappheit aufgrund einer auftretenden Verschleimung ausgehend von einem Sprint zu einem Zug, den es zu verpassen droht, einer vorbeugenden Maßnahme um mich nicht gleich ganz zu erbrechen, sollte ich die Voranzeichen bemerken; – welches ausschließlich nach Möglichkeit gen Botanik erfolgt. Die Boshaftigkeit bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt mit der Möglichkeit der Blitzvereisung und der Erzeugung von tödlichen Rutschflächen behalte ich mir nach Gelegenheit offen.
Nein kurz gesagt finde ich es nicht cool, wenn andauernd auf den Boden gespuckt werden muss, dass dem ein Volltrottel aus dem Publikum nachkommen musste, welcher stets gezielt Richtung Sänger sein Sabber entladen musste, störte mich irgendwie doch schon extrem, nennen wir es, an meinem grundästhetischen Ansinnen eines Konzerts, einhergehend mit der Anstachelung eines unkontrollierten Gerangels, von einem kontrollierten Pit war man echt noch meilenweit entfernt.
Musikalisch fand ich auch hier das erneut benutzte Label „Doom“ nicht wirklich angebracht, mehr Stoner gekreuzt mit einer dreckigen Rock’n’Roll Attitüde was durchaus überzeugen konnte, aber leider nicht durchgängig und vom Gefühl eben doch in eine komplett andere Richtung ging, als die Vorgängerband. Auch vom Auftreten und dem Habitus an und für sich.

Als Abschluss wäre hier Black Tusk sicherlich genial gewesen und hätten den Saal mit ihrem Sludge in Grund und Boden gegroovt, aber waren halt leider nicht da. Dennoch ein kurzweiliger, guter Abend nur mit der denkbar miesesten und traurigsten Vorgeschichte und dem ganzen drum herum…

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