„Gehen wir zu Billy Talent?“ –
wollte meine Freundin wissen. Zwar trifft dies nicht zu 100% meinen Geschmack,
ist aber sehr annehmbare Musik welche ich ehrlich gesagt auch schon das ein
oder andere Male gehört habe und so ging ich natürlich mit.
Nachdem etwaige Horrorszenarien
einer überfüllten Festhalle, unkontrollierten Moshpits aggressiver Punks und
offene Wellenbrecher überdacht wurden und An- und Abreise geklärt war, gab es
kein zurück mehr. Komme was wolle, scheiß drauf. Stiefel waren geschnürt!
Zwar waren wir später dran als
geplant – ursprünglich wollten wir eine halbe Stunde vor Einlass dort sein, was
zweieinhalb Stunden vor dem ersten Auftritt entspricht(!) – aber die Verspätung
war nicht weiter schlimm. Die Halle imposant, das Publikum überraschend
spärlich.
Klar bis zum einzigen
Wellenbrecher war es mehr oder weniger voll, dahinter aber nahezu ausgestorben,
Empore war zudem komplett gesperrt. Vor 3 Jahren soll die Halle bei Billy
Talent ausverkauft gewesen sein, dazu fehlten diesmal doch einige tausende
Zuschauer.
Alter und Geschlecht war bunt
gemischt, größenmäßig zumindest für mich aber übertrieben lässig. Ich bin
wahrlich kein Riese und bin es gewohnt auf Metalveranstaltungen nichts zu
sehen, aber inkl. 2-3cm Sohlenabsätze nagte ich fast an den 1,80m und konnte
damit zu jeder Zeit perfekt auf die Bühne sehen. Zudem hingen links und rechts
der Bühne zwei große Leinwände welche das Geschehen, begleitet mit
künstlerischen Einblendungen, wiedergaben.
Richtig voll kann ich mir das
Ganze schon viel ungemütlicher vorstellen, aber in der Fülle war die Atmosphäre
sehr angenehm. Sound passte ebenfalls und wenn man über die gnadenlos
überteuerten Ess- und Trinkpreise hinweg sieht, schlug sich die Location doch
recht passabel. Ein bisschen mehr Höflichkeit wäre auf der Suche nach vegetarischem Essen angebracht gewesen. Ob das Käsebrötchen jetzt wirklich fleischfrei war lässt sich zudem ärgerlicherweise anzweifeln.
Aber kommen wir jetzt endlich zu
den Bands:
Arkells hieß die erste Band, eine kanadische Alternative Rock Band.
Und die zog mir definitiv nicht die Wurst vom Semmel. Sie waren bei weitem
nicht schlecht oder dergleichen. Der Auftritt war recht sympathisch von ein
paar monotonen und zu vielen Anfeuerungsrufen abgesehen, aber viel konnte ich
mit dem nicht gerade eingänglichen Geklimper nicht anfangen. Die „Show me your
light“ – Aktion war eine lustige Sache wobei man gesellschaftlich gesehen eines
feststellen konnte: Es gibt kaum noch romantische Feuerzeuge welche man
stimmungsvoll in die Höhe recken kann, dafür gefühlt 5 leuchtende Smartphones
pro Person. Sah – ins Publikum gefilmt cool aus, aber hach… Feuerzeuge wären
doch echt viel schöner als das sterile Licht gewesen…
Ansonsten bekam der Drummer noch während dem Spiel eine nette Biertränkung und
der Auftritt war nach gut 30 Minuten um 20:00 beendet, was heißt, dass der
Beginn eine halbe Stunde früher als angekündigt war.
Da die Band aus Pittsburgh schon
von der Vorgängerband so schön gegrüßt wurde, kam sie nach kurzer Umbaupause
auch schon auf die Bretter. Anti-Flag der
werte Name und diese legten ein paar Schippen mehr in den Ofen. Für mich war
der Anfang holperig, das erste Lied missfiel mir gleich dermaßen, dass ich
naserümpfend erst mal ein paar Vorbehalte hatte, bis ich eines besseren belehrt
wurde.
Das Chaos blieb dabei aus, ein
sehr, sehr handzahmes Publikum stand fast schon zu stoisch herum. Als
irgendwann die Band stolz verkündete, den größten Circel Pit der laufen Tour
hier zu sehen musste ich müde lächeln. Die paar Hanseln waren für mich alles
andere als ein Superlative. Ansonsten wurde geklatscht, Stimmung gemacht und
Deutschland für den Atomausstieg gelobt. Das hatte in der Ansprache –
unabhängig von der sehr populistischen, wankelmütigen und unreflektierten
Aktion der Politik – dann doch etwas Magisches. Die Band war im positiven Sinne
einnehmend und generierte gute Laune ohne an ernsthafter Glaubwürdigkeit zu
verlieren. Hat meine sehr tief angesetzten Erwartungen doch um einiges
übertroffen.
Und dann kam der Headliner: Billy Talent
Ich bin jetzt nicht wirklich der
Die-hard Fan um das ganze songgenau beurteilen zu können, aber vorab
aufgeschnappte Vorwürfe, dass diese Live mies wären, konnte ich nicht im
Geringsten bestätigen. Meine Freundin meinte es hätte bei einigen Liedern schon
Unterschiede zur Studioversion gegeben ohne dies abwertend zu meinen, ich
hingegen stellte keinen Unterschied fest. Maß mir aber auch nicht an, dies nach
zwei oder dreimaligem Hören beurteilen zu können. Der Sänger gefiel mir am
Besten, die Stimme hat etwas sehr individualistisches und so etwas finde ich in
der Musik wichtig. Ansonsten erwartete ich musikalisch weniger Power als bei
Anti-Flag, was sich wiederum als Trugschluss erwies. Die Halle fing an zu
kochen, es wurde geklatscht, gehüpft, gesungen – das Gesamtgefühl war um
einiges energiegeladener!
Die Tracklist war recht treffend
gewählt, von neuen Stücken aus dem neuem Album bis hin zu alten Klassikern,
welche live wunderbar funktionierten. Und spätestens als mir meine Freundin mit
glühenden Augen und strahlendem Gesicht freudig erzählte, dass jetzt ihr
Lieblingslied gespielt wird und ich sah, dass sie richtig, richtig viel Spaß
hatte – verbuchte ich den Abend neben der musikalisch wirklich gelungenen
Performance den Abend als vollen, wirklich vollen und vollkommenen Erfolg.
Tolles Konzert!
Da die Batschkapp das Ganze
veranstaltete wurde danach auch wieder schnell alles rausgekehrt, spottend
wetteten wir vorher ab wie viel Uhr alle rausfliegen – mit Ende 23 Uhr ging das
Ganze diesmal aber sogar eine Stunde länger. Bitte schließt nächstes Mal aber
nicht alle Zwischentüren ab. Klar okay, es war Sonntag – ihr wollt alle gehen,
aber wenn ich nicht dauernd Umwege laufen muss um auf’s Klo zu gehen würde sich
das auch schneller erledigen.
Fazit wie gesagt: Tolles
Konzert, viel Spaß gehabt, musikalisch annehmbar und warum auch nicht mal kein Geknüppel.
;)